04.05.17

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Wechseljahre: Die Hormontherapie

Hormonersatztherapie oder Hormonzuführung

Oft ist bei der Hormonbehandlung von Hormonersatztherapie die Rede. Dieser Ausdruck ist allerdings irreführend, da er den Anschein erweckt, es würden die bislang vom Körper selbst produzierten Hormone durch andere ersetzt. Der wahre Sachverhalt ist jedoch komplizierter. Im Körper liegt ein sensibles Gleichgewicht zwischen den 3 Haupt-Hormonen Östrogene, Androgene und Gestagene vor. Wird die Konzentration eines Hormons weniger, kann es dazu führen, dass ein anderes die Oberhand gewinnt. Auf diese Weise halten sich zum Beispiel die Hormone Gestagen und Östrogen gegenseitig in Gleichgewicht. Sinkt beispielsweise der Progesteronspiegel, führt das zu einer Östrogensteigerung. Um die Hormonbalance herzustellen, ist eine abgestimmte Zufuhr der fehlenden Hormone nötig. Der allgemeine Hormonspiegel muss sozusagen neu eingestellt werden, indem die fehlenden Hormone zugeführt werden. In diesem Sinne ist der Ausdruck „Hormonzuführung“ treffender.

Brauche ich überhaupt zusätzliche Hormone?

Eigentlich ist der menschliche Körper darauf ausgerichtet, dass keine Frau in den Wechseljahren zusätzliche Hormone benötigt. Der Hormonrückgang bestimmter Substanzen ist ein natürlicher Vorgang im Leben, was nicht bedeutet, dass die gesamte Hormonproduktion vollkommen zurückgefahren wird. Der Körper produziert bei den meisten Frauen bis ins hohe Alter Hormone, wobei sich Zusammensetzung und  Konzentrationen ändern. Die meisten Probleme während der Wechseljahre entstehen auch nicht durch komplettes Fehlen bestimmter Hormone, sondern durch die Schwankungen des Hormonspiegels. Diese führen nämlich zu den typischen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Gereiztheit. Bei ausgeprägten Problemen kann hier manchmal die zusätzliche Einnahme von Hormonen sinnvoll sein, wenn sie gut dosiert und auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt werden. Vor allem in Fällen, in denen sanftere Mittel wie Phytohormone nicht wirken, empfehlen wir das Aufsuchen eines Facharztes, der vor der Therapie zunächst einen Hormontest durchführt.

Vorteile

Die Vorteile der Hormonersatztherapie liegen in der schnelleren und stärkeren Wirkung. Während man bei der Therapie mit Phytohormonen, der milderen Form, bis zum Eintritt der gewünschten Wirkung meist mit einer Umstellungszeit von 4-6 Wochen rechnen muss, spürt man die Wirkung der Hormonsubstitution recht zeitnah. Vor allem bei speziellen Wechseljahresbeschwerden wie Scheidentrockenheit, Verdünnung des urigenitalen Gewebes und damit verbunden ungewolltem Harnabgang, kann die gewünschte Wirkung sofort und effektiv durch den örtlichen Einsatz niedrig dosierter Salben und Gels erreicht werden. 

Nachteile

So wie die Ersatzhormone positiv schnell wirken, ist gerade das oft auch zum Nachteil. So wie nämlich die Hormonzuführung gern gegen die Wechseljahresbeschwerden angewendet wird, wird sie leider gerade auch oft wegen im Zuge dessen auftretender Beschwerden wieder abgesetzt. Es gibt Fälle, in denen sich Frauen nach der Behandlung unwohler fühlen  als vorher. Der Grund hierfür liegt darin, dass die richtige Dosierung oftmals auf sich warten lässt: In dem einen Fall ist die Dosierung zu stark, im nächsten wird vielleicht das falsche Hormon zugeführt und eine bestehende Dominanz noch verstärkt. Oft muss daher mit verschiedenen Anwendungen probiert werden, bis die am besten verträgliche Hormontherapie gefunden ist.

Verschiedene Hormonanwendungen 

Östrogensubstitution

In aller Regel sinkt der Östrogenspiegel erst in der späteren Phase der Wechseljahre. Bei den meisten Frauen nimmt zuerst das Progesteron ab, woraufhin ein Östrogenüberschuss entsteht. In diesem Fall muss Progesteron zugeführt werden.

In der Hormontherapie gibt es verschiedene Östrogenpräparate, aber nicht alle sind wirklich gut verträglich.

Das als erstes in den Markt eingeführte Östrogenpräparat war ein aus Stutenurin gewonnenes Östrogen. Auch heute noch wird es als natürliches Östrogen gehandelt, ist aber in dem menschlichen Körper eigentlich eher fremd, was damit zusammenhängt, dass es nur sehr langsam umgesetzt wird und sehr lange Zeit im Körper verweilt. Die für den Abbau notwendigen Stoffe belasten den Körper.

Bio-identischen Östrogene sind in der Regel besser verträglich. Obwohl synthetisch auf der Basis von Phytoöstrogenen produziert, sind sie dem menschlichen Östrogen ähnlicher und werden deshalb schneller an den Östrogenrezeptoren aufgenommen. Sie können niedriger dosiert werden und es kommt insgesamt weniger zu belastenden Folgen. 

Östrogen und Progesteron

Wird im Zuge einer Hormontherapie nur Östrogen zugeführt, kann es zu einem zu einem schnellen Wachstum der Gebärmutterschleimhaut kommen.
Im normalen Zyklus der Frau gleicht Progesteron die ausschweifenden Wirkungen des Östrogens aus. Da es in den späteren Wechseljahren oftmals zu einem gleichzeitigen Mangel an Östrogen und Progesteron kommt, ist es sinnvoll, beide Hormone einzunehmen und darauf zu achten, die Östrogenzufuhr so gering wie möglich zu halten und natürliches Progesteron als Ausgleich zu nehmen. 

Progesteron

Heutzutage wird im Zuge einer Hormontherpaie das natürliche Progesteron dem synthetischen Gestagen vorgezogen, da es in der Vergangenheit viele Probleme mit synthetischen Progesteron gab, wie zum Beispiel Arterienverkalkung und Venenthrombosen.
Natürliches Progesteron wird sowohl als Creme als auch in Kapselform angeboten. Der Vorteil der Creme ist, dass Progesteron direkt in den Blutkreislauf gelangt, ohne den Umweg über den Verdauungstrakt und die Leber zu nehmen, das heißt die Leber wird nicht belastet.

Auch gegen Wechseljahresbeschwerden wie Depressionen wirkt das natürliche Progesteron besser als die künstliche Form. Progesteron wirkt beruhigend auf das Zentralnervensystem und fördert den natürlichen Schlaf.

Progesteron kann sich auch in Testosteron umwandeln, sollte ein Testosteronmangel vorliegen. Aus diesem Grund ist es bei allgemein sinkendem Hormonspiegel vorteilhaft, eine natürliche Form des Progesterons zu sich zu nehmen. 

Testosteron

Testosteron wird im Körper der Frau in geringen Mengen von den Eierstöcken und der Nebennierenrinde gebildet. Das Hormon wirkt sich positiv auf das Knochenwachstum und das Gewebe aus, Muskelmasse wird vermehrt, weshalb es im Sports gern als Dopingmittel eingesetzt. Es steigert die Eiweisssynthese und senkt den Cholesterinspiegel. 

In den Wechseljahren zeigt sich ein Testosteronmangel in erster Linie in Form von Libidoverlust, Vergrößerung der Brüste und Zunahme des Bauchfetts. Seltene Beschwerden sind Müdigkeit, Reizbarkeit  und Bindegewebsschwäche. Angewendet wird Testosteron meistens in Form von Creme oder Salbe.

Allerdings ist nachgewiesen, dass nicht nur Testosteron für die Libido verantwortlich ist. Frauen, die sowohl einen niedrigen Östrogen- als auch Testosteronspiegel haben, zeigte  eine alleinige Zuführung von Testosteron keine positive Wirkung in Hinsicht einer Libidosteigerung. Es scheint also, dass auch hier Östrogen und Testosteron zusammenspielen. Um eine positive Wirkung auf die Libido zu erzielen, empfiehlt sich deshalb ebenfalls ein ausreichend hoher Östrogenspiegel. 

Dehydroepiandrosteron

Dehydroepiandrosteron (DHEA) wird in der Nebenniere gebildet und ist eine Vorstufe des Hormons, aus dem der Körper Testosteron bildet. Von vielen Medizinern wird es als Wundermittel mit Anti-Aging-Effekt angepriesen. In Deutschland ist DHEA als Arzneimittel für die Hormontherapie seitens der Krankenkassen allerdings nicht zugelassen, da negative Nebenwirkungen wie Haarausfall, unerwünschter Haarwuchs, Akne und eine tiefere Stimmlage auftreten können.

Risiken

Zudem sind gerade bei der traditionellen Form der Hormontherapie die Risikofaktoren noch immer nicht ganz geklärt. Vor allem die Anwendung der so genannten natürlichen Östrogene aus Stutenurin beinhalten viele Risikofaktoren, wie ein höheres Risiko für Brustkrebs oder auch Herzinfarkt. Durch synthetisches Progesteron kann das Risiko für Arterienverkalkung und Venenthrombosen vergrößert werden.  

Für die Folgezeit einer Hormontherapie werden leichtere Hormonanwendungen entwickelt, die für eine bessere Verträglichkeit und weniger Nebenwirkungen sorgen. Leider sind die Langzeitstudien dies bezüglich noch nicht abgeschlossen, so dass noch keine hundertprozentig verlässlichen Aussagen über die Risiken getroffen werden können.